Die Bäume rund um das Hotel Belvoir wiegen im Wind, dicke Tropfen prasseln gegen die Fensterscheiben – die Zeichen stehen auf Sturm. Was für ein Huddelwetter. Einer wie Jordi Albadalejo lässt sich davon jedoch nicht abschrecken. Wie jeden Tag ist der Velofreak auch heute mit dem Bike zur Arbeit gefahren. «Ich bin dem Regen einfach davongefahren und gerade noch trocken angekommen», sagt er gut gelaunt.
Seit fünf Jahren arbeitet der gebürtige Spanier im Housekeeping, legt Hand an, wo Hilfe gebraucht wird, ob im Garten oder in den Zimmern und Seminarräumen. Am liebsten schleift und ölt er die Holzböden. Erst wenn sie wieder spiegelglatt sind und glänzen, sei er zufrieden. «Ich bin glücklich, zum Team des Hotel Belvoir zu gehören. Die Beziehung zu den Vorgesetzten ist gut und meine Kollegen sind fast ein bisschen wie eine Familie für mich». Fern von der Heimat sei das besonders wohltuend.
Ursprünglich hat Jordi als Produktionsleiter in einer Druckerei in Barcelona gearbeitet. Dann kam die Wirtschaftskrise, er verlor seinen Job und ein neuer war nirgends in Sicht. Was also tun? Auf der Suche nach einer Lösung erinnerte sich der heute 45-Jährige an die Ferien, die er einige Zeit zuvor mit seiner Frau in Adelboden verbracht hatte. «Es hat uns da so gefallen, dass wir beschlossen, unser Glück in diesem schönen Land zu versuchen».
Sicher, der Anfang sei alles andere als einfach gewesen. Eineinhalb Jahre habe er in einem Hotel in Grindelwald gearbeitet, getrennt von seiner Familie. Seit fünf Jahren sind sie wieder vereint: Seine Frau ist in der Pharmabranche tätig und arbeitet in einem Unternehmen in Zürich, seine Tochter absolviert eine KV-Lehre bei einer Bank.
Nach der Arbeit sitzt Jordi abends häufig noch lange am Computer und gestaltet Flyer, Plakate oder Webseiten. Zurzeit absolviert er eine entsprechende Weiterbildung an einer Fernuniversität. «Grafikdesigner ist mein absoluter Traumjob. Ich wünsche mir, irgendwann davon leben zu können.»
Inspiration für seine kreativen Ideen holt er sich dabei oft auf seinen ausgedehnten Velotouren am Wochenende. Zwischendurch komme seine Frau auch mit, doch meist sei er
allein unterwegs: «Ich liebe die Berge, die Ruhe und die kontinuierliche Bewegung. Wenn ich im Sattel sitze, vergesse ich alles andere. Ein wunderbares Gefühl, ganz im Moment zu sein».
Text: Anina Rether