An einem Tag in der Woche ist der Stammtisch im Hotel Belvoir jeweils Polizei-Sperrgebiet, nämlich wenn sich die Wachtmeister von Rüschlikon und Thalwil zum Kapo-Kaffee treffen. «Dann müssen wir notgedrungen an einen anderen Tisch ausweichen – ihnen darf man die Vorfahrt nicht nehmen», sagt Patrick Weiss. Gelächter geht durch die Runde. Mit «wir» meint der Spenglermeister den Unternehmerstamm, der sich seit acht Jahren täglich im Hotel Belvoir bei Kaffee und Gipfeli zum Znüni trifft. Je nach Auftragslage sind zwischen drei und zehn Stühle besetzt. Heute sind fast alle da.
Einer, der immer kommt, ist Urban Camenisch. Für den pensionierten Logistiker ist die Stunde zwischen neun und zehn heilig. «Durch den Austausch mit den Kollegen bin ich stets auf dem Laufenden. Und zu lachen gibt es auch immer etwas.» Je kürzer die tägliche To-do-Liste, desto ausgedehnter wird die morgendliche Pause – bis zu einer Stunde sitzen die Herren beisammen. Unternehmerinnen aus dem Dorf seien selbstverständlich herzlich willkommen. Doch sie kämen lieber zu den monatlichen Verbandsapéros. Vielleicht wegen den Cüpli, wird gemutmasst. Geschäftliche Themen werden besprochen, fachliche Ratschläge ausgetauscht und gegenseitig Aufträge vermittelt. «Auch private Themen sind keine Seltenheit, schliesslich kennen sich die meisten von uns gut», sagt Elektroinstallateur Markus Bundi.
Viele der Unternehmer sind alteingesessene Rüschliker und treffen sich seit 20 Jahren zum morgendlichen «Kaffeekränzchen». So erinnert sich der selbständige Architekt Robert Ritschard an längst vergangene Tage, als der Stamm noch im alten Belvoir stattfand: «Da waren unsere Stühle noch mit Namen beschriftet. Gute alte Zeiten!» Er lacht. Die Lokalität des Unternehmerstamms hat über die Jahre immer wieder gewechselt: von der «Rose» gings in den «Sternen» und dann in die «Tracht». Seit acht Jahren nun geniessen sie wieder den unübertrefflichen Ausblick im Hotel Belvoir.
Die Bindung der Rüschliker mit «ihrem» Belvoir ist auch bei den Unternehmern spürbar. Patrick Weiss hat hier oben geheiratet, Kurt Steffen seine Verlobung gefeiert. Und Kaminfegermeister Urs Naef hat einst als Lehrling daran mitgearbeitet, dass das Hotel Belvoir ein neues Dach erhält. Schmunzelnd sagt er: «Wäre hätte gedacht, dass ich dafür sorge, dass wir heute im Trockenen sitzen». Neben dem Ambiente wird der zuvorkommende Service sehr geschätzt. «Kaum sitzen wir, schon sind die Kaffees und Gipfeli auf dem Tisch», sagt Kurt Steffen, Geschäftsführer einer Kanalunterhaltsfirma. «Zudem spreche ich hier die Bedienung mit Nachnamen an und sie mich mit meinem. Das gibt’s nur hier.»
Text: Anina Rether